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Grundlagenforschung zu individuellen Denkprozessen
 

Zum Schwerpunkt „Grundlagenforschung zu individuelle Denkprozessen“ sind folgende Projekte durchgeführt worden oder noch in Bearbeitung:

1     "Individuelle Unterschiede in der mentalen Repräsentation von Termumformungen" 
       (Prof. Cohors-Fresenborg, 1997–2002)

  Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beschreibung: Das Vorhaben gehört zum langjährigen Forschungsprogramm des Instituts für Kognitive Mathematik der Universität Osnabrück, die kognitiven Prozesse bei der mathematischen Begriffsbildung und Problemlösung zu erforschen. Im vorliegenden Projekt sollten mentale Prozesse, die bei Termumformungen ablaufen, untersucht werden. Termumformungen sind die zentrale mathematische Technik, die in der (Schul-)Algebra eine wesentliche Quelle von Verständnisschwierigkeiten und Fehlleistungen von Schülern sind. Es wurde unter dem Aspekt einer mathematikdidaktischen Grundlagenforschung untersucht, wie und in welcher Art sich bei den Versuchspersonen ein mentales Modell der zu lösenden Aufgabe ausbildet und dieses angewendet wird. Dabei wird unterschieden, ob eher eine statische Modellbildung angestrebt wird oder ob das mentale Modell und die zugehörigen Bearbeitungswerkzeuge den Prozess der Formelmanipulation modellieren sollen.
In der Hauptstudie wurden Schüler von jeweils einer Klasse 10 aus zwei Gymnasien in Einzeluntersuchungen zuerst dabei beobachtet, wie sie am Computer Aufgaben mit symbolverarbeitenden Regelsystemen bearbeiteten. Aus der Analyse ihrer Entscheidungen für den Einsatz einzelner Regeln und ihrer dabei verbal geäußerten Begründungen wurden Rückschlüsse auf ihre kognitiven Prozesse gezogen. Es zeigte sich, dass sich deutliche Unterschiede zwischen einer prädikativen (statischen) und einer funktionalen (dynamischen) Sichtweise festmachen lassen. Als zweite Quelle zur Diagnose der bevorzugten kognitiven Struktur der Schüler wurden ihre Augenblickbewegungen beim Lösen von Musterergänzungs-aufgaben aus dem Test QuaDiPF herangezogen. Beide Befunde wurden (mit zum Teil lange Jahre zurückliegenden) Äußerungen der Schüler (aus Videodokumenten ihres Mathematikunterrichts oder der Bearbeitung schriftlicher Aufgaben) verglichen. Insgesamt ergaben sich große Übereinstimmungen in der bevorzugten Art mentaler Modellierung.

Projektbeginn: 1997

Projektende: 2002

Schlüsselpublikationen:

Cohors-Fresenborg, E. & Striethorst, A. (2003): Untersuchung individueller Unterschiede in der mentalen Repräsentation von symbolverarbeitenden Regelsystemen. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik, Jg.35 (3), 94-101.

Kaune, C. (2003): Das Wissen um Unterschiede in den kognitiven Strukturen von Schülerinnen und Schülern als Erklärung von Unterrichtsbeiträgen. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik, Jg.35 (3), 102-109.

 Striethorst, A. (2004): Über die Unterschiedlichkeit von Vorstellungen beim Gleichungslösen, Untersuchung individueller Unterschiede in der mentalen Repräsentation von symbolverarbeitenden Regelsystemen und ihr Erklärungswert für die Unterschiedlichkeit von Schülereigenproduktionen im Mathematikunterricht. Osnabrück: Forschungsinstitut für Mathematikdidaktik.

 

2     "Individuelle Unterschiede in der Kognition mathematischer Begriffsbildung"
       (Prof. Schwank, 1998–2003)        

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beschreibung: Gegenstand des Projektes ist im Sinne einer Konstruktvalidierung die Erforschung zweier kognitiver Strukturen: prädikativ/funktional. Bei Anwendung einer prädikativen kognitiven Struktur erfolgt ein Denken in Beziehungen und Strukturen, im funktionalen Fall ein Denken in Handlungsabfolgen und Wirkungsweisen. Die Nützlichkeit einer solchen Unterscheidung für die Erklärung mathematischer Begriffsbildungs- und Denkprozesse konnten wir bereits in mehreren Pilotstudien zeigen. Methodisch sollen die bisherigen stark auf interpretativen Verfahren basierenden Untersuchungen um eine Versuchsanordnung erweitert werden, welche während des Experiments Verhaltensdaten unmittelbar am Computer erfassbar und somit leicht einer quantitativen Auswertung zugänglich macht. Inhaltlich sollen zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben aus dem mathematisch-informatischen Bereich auch Aufgaben zur Musterergänzung (in Anlehnung an Ravens APM-Test) ausgearbeitet und bei denselben VP eingesetzt werden. Es wird erwartet, dass die VP in beiden Experimenten den Einsatz derselben kognitiven Struktur bevorzugen. Dieses wird als Bestätigung der These einer individuellen Präferenz für eine der beiden kognitiven Strukturen angesehen. Im Ergebnis sollen die Methoden der experimentellen Überprüfung unserer Theorie soweit verbessert sein, dass diese auch für kognitionstheoretische Erklärungen menschlichen Denkverhaltens in anderen Bereichen fruchtbar eingesetzt werden kann.

Projektbeginn: 1998

Projektende: 2003

Schlüsselpublikationen:

Schwank, I. (2003): Einführung in funktionales und prädikatives Denken. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik, Jg.35 (3), 70-78.

Schwank, I.; Armbrust, S. & Libertus, M. (2003): Prädikative versus funktionale Denkvorgänge beim Konstruieren von Algorithmen. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik, Jg.35 (3), 79-85.

Cohors-Fresenborg, E. & Brinkschmidt, S. & Armbrust, S. (2003): Augenbewegungen als Spuren prädikativen oder funktionalen Denkens. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik, Jg.35 (3), 86-93.

Schwank, I. (2004): eLearning: Individualität als Herausforderung - Kognitionsdidaktische Notizen. In M. Franzen (Hrsg.), Die Zukunft von eLearning. Neue Erkenntnisse aus Gehirnforschung, Pädagogik und Wirtschaft. 47-65. Zürich: EMPA-Akademie.

Schwank, I. (2005): Maschinenintelligenz: ein Ergebnis der Mathematisierung von Vorgängen - Zur Idee und Geschichte der Dynamischen Labyrinthe. In C. Kaune, I. Schwank & J. Sjuts (Hrsg.), Mathematikdidaktik im Wissenschaftsgefüge: Zum Verstehen und Unterrichten mathematischen Denkens, Band 2, 39-72. Osnabrück: Forschungsinstitut für Mathematikdidaktik.

 Armbrust, S. (2006): Die Werkzeuge ‚CoDyLa’ und ‚QuaDiPF-Eye’ zur Untersuchung funktionalen / prädikativen Denkens sowie ihre empirische Erprobung. Osnabrück: Forschungsinstitut für Mathematikdidaktik.

 

3     "Denkformen des formalen Denkens – Eine empirische Studie zur spezifischen Kognition von Studienanfängern im Fach Mathematik" 
       (Prof. Dr. Inge Schwank, Prof. Dr. Sebastian Walcher, Dr. Corinna Hänisch, RWTH Aachen, 2006-2011)

Nachfolgeprojekt: seit 2012 "Axiomatisches Denken und Arbeiten im Mathematikunterricht: Stoffdidaktische und kognitionswissenschaftliche Perspektiven"
(Prof. Dr. Inge Schwank, Prof. Dr. Johanna Heitzer, Tobias Hock, RWTH Aachen, 2012-2016

  Förderung: Integriertes Promotionsprojekt: Finanzierung der Promotionsstelle: RWTH Aachen

Beschreibung: Neuere empirische Untersuchungen legen nahe, dass der Übergang vom konkreten zum formalen Rechnen von Schülerinnen und Schülern unterschiedlich kognitiv bewältigt wird. Ein funktionaler Denkstil scheint – im Gegensatz zu einem prädikativen – bei dieser Bewältigung von Vorteil zu sein. Auf einer höheren Ebene stehen analog Studienanfänger im Fach Mathematik vor dem Schritt vom konkreten zum formalen Denken. Für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit der Mathematik auf dieser Ebene ist das Gelingen dieses Schrittes von enormer Tragweite. Indizien deuten darauf hin, dass präferierte Denkstile – und also mittelbar geschlechtsspezifische Unterschiede – auch für diesen Schritt entscheidenden Einfluss haben.
Im Projekt sollen Studierende in der Eingangsveranstaltung “Mathematische Grundlagen” an der RWTH Aachen begleitet und bei der Bewältigung von Problemen im Rahmen ausgewählter Themen unter Supervision der Projektleitung beobachtet und befragt werden. Da die Aachener “Mathematischen Grundlagen” speziell im Hinblick auf die Schwierigkeiten beim Übergang von Schule zu Hochschule konzipiert wurden, ist dies für das Anliegen eine besonders geeignete Veranstaltung.
Die empirische Studie wird quantitative und qualitative Komponenten beinhalten. Sie wird starten mit einer Erhebung von Grunddaten zum schulischen Mathematikunterricht der Studierenden. Wesentliche Bestandteile werden sein:
•  Ausgewählte diagnostische Verfahren zur Erhebung individueller Denkstile.
•  Ausgewählte diagnostische Verfahren zur Erhebung geschlechtsspezifischer Unterschiede.
•  Videographierte Einzelinterviews mit Studierenden, die auf Grund der Testergebnisse und des Erfolgs in den “Mathematischen Grundlagen” ausgewählt wurden.
Die Erarbeitung, das Training sowie das Einfahren der diagnostischen Verfahren und der Einzelinterviews erfolgt an der Universität Osnabrück, die Durchführung der Hauptstudie an der RWTH Aachen, die Auswertung an beiden Standorten.
Zielsetzung des Projekts ist – über die Grundlagenforschung hinaus – die gewonnenen Erkenntnisse bei der Erstellung von Lehreinheiten und der Gestaltung von Aufgaben und der Übungsgruppen einzusetzen. Die erste Pilotierung von Interviewsitzungen an der RWTH Aachen ist abgeschlossen.

Projektbeginn: 2006

Schlüsselpublikationen:

Schwank, I. & Nowinska, E. (2007): Zur Vorbereitung des algebraischen Denkens. In Beiträge zum Mathematikunterricht 2007. Hildesheim: Franzbecker.

Schwank, I. & Nowinska, E. (2008): Die Denkform des Formeldenkens. In B. Barzel, T. Berlin, D. Bertalan & A. Fischer (Hrsg.), Algebraisches Denken. Festschrift für Lisa Hefendehl-Hebeker, 111-122. Hildesheim: Franzbecker.

 

 

4     "Kognitive Aspekte des Business Process Reengineering" 
       (Prof. Cohors-Fresenborg, Prof. Schwank, 1994-1997) 

 

Beschreibung: Folgt man Michael Hammer, dem Begründer und führenden Vertreter des Business Process Reengineering, dann geht es primär darum, die Unternehmensprozesse als Ganzes in den Mittelpunkt der Reorganisationsbemühungen zu stellen und nicht punktuell durch isolierte Maßnahmen eine Effizienzsteigerung herbeiführen zu wollen. Er fordert für diese Prozessorientierung einen neuen Denkansatz in der Unternehmensorganisation und -führung. Dieses gibt Anlass, seine Vorschläge unter einem kognitionstheoretischen Aspekt zu analysieren und dabei individuelle Präferenzen für eine der beiden kognitiven Strukturen (prädikativ versus funktional) zu berücksichtigen.
Unsere Analysen und empirischen Untersuchungen geben Erklärungen für das mögliche Gelingen oder Scheitern, welche ihre Ursache haben in der unterschiedlichen mentalen Modellbildung über das Wesen von Business Process Reengineering in den Köpfen der Entscheidungsträger und den unmittelbar für den Reorganisationsprozess Verantwortlichen.

Projektbeginn: 1994

Projektende: 1997