Zahlreiche Studien zeigen, dass dem Einsatz von Metakognition enorme Bedeutung für die Steigerung der Effektivität von Denken und Lernen zukommt. Vor dem Hintergrund, dass er sich zudem als lehr- und lernbar erwiesen hat, ist an der Universität Osnabrück ein in das Feld der Metakognitionsforschung des Instituts für Kognitive Mathematik eingebettetes Trainingskonzept entwickelt worden. Ziel dieses Trainings ist es, eine Änderung des eigenen Verhaltens bzgl. des Einsatzes von Metakognition zu erreichen.
Entstehungsgeschichte
Auf Wunsch zweier, am Projekt Mathematik Gut Unterrichten beteiligter, engagierter Lehrerinnen konzipierten Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter unter der Leitung von apl. Prof. Dr. Christa Kaune im Jahre 2008 erstmals ein Programm für ein viertägiges Training, durch das herausragende Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 10 bis 13 auf die bevorstehende Mathematikolympiade vorbereitet werden sollten.
Im Mittelpunkt dieses Trainings stand nicht die Wiederholung von bereits im Unterricht Gelerntem. In Anlehnung an Polyas Strategie der Introspektion beim Lösen mathematischer Probleme sollten die Schüler vielmehr lernen, die Aufgaben zielgerichtet in Angriff zu nehmen und sich dabei selber zu überwachen. Hierzu wurde ein Katalog zur Selbstbefragung entwickelt, der metakognitive Aktivitäten in den Kategorien Planung, Monitoring und Reflexion evozieren soll.
Die Evaluation am letzten Tag des Mathe-Camps zeigte durchweg positive Resonanz aller beteiligten Schüler und Lehrkräfte. Das Echo der Pilotveranstaltung führte zu einer Weiterentwicklung des metakognitiven Trainings. Neben dem Bearbeiten von Aufgaben mithilfe eines Fragenkatalogs umfasst es nun auch Video-, Transkript-, und Aufgabenanalysen, anhand derer verschiedene metakognitive Verhaltensmuster beim Bearbeiten mathematischer Probleme diskutiert werden.
Trainingsprogramm
Kontroll- und Selbstüberwachungsmechanismen sind keine Kompetenzen, die ein stupides Pauken erfordern. Vielmehr kommt es auf die Veränderung der eigenen Verhaltensmuster und der Gewohnheiten beim individuellen Lernen eines jeden Schülers an. Die Organisatoren sehen es als erstes Ziel des Trainings an, den Teilnehmern den Nutzen von Metakognition klar zu machen. Die Motivation der Schüler steht deshalb im Vordergrund der ersten Trainingseinheiten. Anhand von Videosequenzen und Transkriptanalysen einer empirischen Studie zum Zusammenhang von Monitoring und Leistung wird der große Vorsprung derjenigen Schüler aufgezeigt, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, metakognitive Mechanismen als eine Art Überwachungssystem der eigentlichen Bearbeitung mathematischer Probleme zu nutzen.
In den darauffolgenden Tagen wird anhand ausgewählter Aufgaben die Arbeit mit einem Fragenkatalog trainiert. Es sind Fragen, die Metakognition in den Kategorien Planung, Monitoring und Reflexion evozieren. Ziel ist es, einen Ansatz zu schaffen, solche Fragestellungen in den Lerngewohnheiten zu etablieren. Vor allem ein automatisiertes Monitoring soll Teil der eigenen Lernkultur werden. Dies ist sicherlich nicht innerhalb der wenigen Trainingstage zu erreichen. Jedoch sehen die Organisatoren die Möglichkeit, dass die Schüler durch positive Selbsterfahrungen innerhalb des Trainings sensibilisiert und motiviert werden, diese Protokompetenz weiter für sich auszubauen. Gelingt dies, so besteht langfristig die Möglichkeit, dass die trainierten Schüler die erlernten Kompetenzen in der Rolle von Tutoren an jüngere Schüler weitergeben. Wie dies geschehen kann, wird den Schülern anhand von Videoanalysen aufgezeigt. In diesem Sinne kann die Trainingsmaßnahme also auch als Fortbildung für Übungsgruppenleiter verstanden werden, die Schülergruppen betreuen.
Zum Abschluss des Trainings werden die Schüler angehalten, ihre eigenen Erfahrungen während der Maßnahme zu reflektieren. Dazu werden Videoausschnitte genutzt, die einen Teil der Teilnehmer beim „lauten Denken“ am ersten Trainingstag zeigen.
Die Evaluationen der ersten Mathe-Camps haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler die Veranstaltung als sehr gewinnbringend für die weitere Schul- und Berufslaufbahn sehen:
„Keiner wurde zu etwas gezwungen, daher war das eher auf freiwilliger Basis und dadurch herrschte eine entspannte, lockere Atmosphäre.“
Frage: Denkst du, dass die Erfahrungen, die du im Mathe-Camp sammeln konntest, nützlich für dich werden könnten?
„Ich denke das Mathe-Camp hat mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, sich selbst häufiger zu kontrollieren und strukturierter zu arbeiten.“
„Ja, weil ich mich oft auf mein Wissen verlasse und meistens auch richtig liege, nur übersehe ich so Fehler, die ich jetzt hoffe vermeiden zu können, indem ich zumindestens am Ende nochmal alles überprüfe oder auch einsehe, dass es zwischendurch auch keine Zeitverschwendung ist.“
„Mathe-Camps“ sollen auch zukünftig eine Art von Zusammenarbeit zwischen Schule und universitärer Forschung darstellen.
Bisherige Mathe-Camps
28.09.2008 – 01.10.2008 Mathe-Camp mit Schülerinnen und Schülern des Emil-Fischer-Gymnasiums Schwarzheide in Lehde (Spreewald)
07.06.2009 – 09.06.2009 Mathe-Camp mit Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Rahden in der Jugendherberge Osnabrück
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